UPGRADE | Wenn das Team den monatlichen Dienstplan selbst organisiert – Teil 2
Es ist ein mutiges Projekt, welches das KZU Kompetenzzentrum Pflege und Gesundheit wagt: Auf einer Pflegewohngruppe wird der Dienstplan neu nicht mehr durch die vorgesetzte Person erstellt, sondern gemeinsam vom ganzen Pflegeteam. Am 1. April 2023 startete die Umsetzungsphase – mit unerwartet wenig Stolpersteinen. Lesen Sie hier den neusten Beitrag in der Serie UpGrade.
Seit 1. April 2023 arbeitet das Team der Pflegewohngruppe A/EG in Embrach nach einem Dienstplan, den es selbst erarbeitet hat. Vorangegangen ist eine mehrmonatige, intensive Vorbereitungs- und Planungsphase. Im Newsletter vom Dezember 2022 hatten wir unter der Rubrik «UpGrade – Bestehendes erneuern und verbessern» erstmals über das Pilotprojekt des KZU Kompetenzzentrums Pflege und Gesundheit informiert. Damals berichtete Geschäftsleitungsmitglied Marlies Petrig über die Grundlagen, welche im KZU in den letzten Monaten für das Projekt «Selbstorganisierte Dienst- und Arbeitsplanung» erarbeitet worden waren: Generelle Regeln für den gemeinsamen Planungsprozess, Klärung rechtlicher Fragen in Absprache mit dem HR, Bestimmung des monatlichen Planungsrhytmus oder Vorgehen bei möglichen Terminkonflikten.
Die Verantwortlichen wollten im Januar 2023 mit der gemeinsamen Planung des Arbeitsmonats März starten. Technische Herausforderungen führten allerdings zur Verschiebung um einen Monat. Was unterschätzt wurde: Alle 20 Teammitglieder brauchen ein neues Login und Schreibrecht, damit sie im Polypoint PEP Programm den eigenen Dienstplan für den jeweils übernächsten Monat selbständig eingeben können. Mariassa Peintner, Leiterin der Pilot-Pflegewohngruppe, nimmt die Verschiebung um einen Monat gelassen: «Wir haben die Zeit genutzt, die Mitarbeitenden nochmals über die neuen Regeln zu informieren und in der Bedienung des Polypoint zu schulen.»
Im Februar ging es dann konkret los. Gemäss vereinbartem Planungsrhythmus hatten die Mitarbeitenden bis Mitte Monat Zeit, an einem der drei bereitgestellten PCs im Stationsbüro ihren persönlichen Arbeitsplan einzutragen. «Es wurde rege geplant», sagt Marissa Peintner. «Und es gab auch Diskussionen, aber nicht im Sinne von Konflikten. Stattdessen konnte ich ein grösseres Verständnis für die Bedürfnisse und Wünsche der anderen Teammitglieder beobachten.» Besonders erstaunt hat Marissa Peintner, dass die Wochenenden zuerst gefüllt waren, was bisher stets herausfordernd war. Aufgefallen ist der Leiterin zudem die Freude des Teams, bei der Planung eine aktivere, verantwortungsvollere Rolle übernehmen zu dürfen.
Oft haben sich die Mitarbeitenden an den etwas ruhigeren Nachmittagen kurz Zeit genommen für die Arbeitsplanung. «Niemand brütete lange über dem Programm», so die Erfahrung der Leiterin. «Die meisten loggten sich im Verlauf der zweiwöchigen Planungsphase mehrmals kurz ein, schauten den sich entwickelnden Plan an und reagierten auf allfällige Differenzen.» Auch ihre eigene Rolle hat sich mit dem Systemwechsel verändert. Statt selber zu planen, nahm sie sich bewusst Zeit, die Mitarbeitenden zu coachen, Planungslücken aufzuzeigen oder Tipps und Tricks weiterzugegeben – wobei die rechtliche Verantwortung nach wie vor bei ihr liegt.
Neu findet nun jeweils Mitte Monat eine Planungssitzung mit allen Mitarbeitenden der Pflegewohngruppe statt. Als Marissa Peintner Mitte Februar den provisorischen April-Arbeitsplan via Beamer präsentierte, füllte das Team gemeinsam die noch bestehenden Lücken. Das alles funktionierte viel einfacher, als die Leiterin je zu hoffen gewagt hatte. «Dass schon der erste Monat so problemlos ablief, war für mich die grösste Überraschung. Ich hatte mir im Vorfeld so viele Gedanken gemacht. Doch als ich die Verantwortung abgab, hat das Team sie pflichtbewusst angenommen.»
GL-Mitglied und Projekt-Initiantin Marlies Petrig war optimistisch, dass die Umstellung funktionieren wird. «Trotzdem freue ich mich über den gelungenen Projekt-Start, was auch für eine reife Teamkultur spricht», sagt die Leiterin Health Care Services. Keinesfalls will Marlies Petrig die selbstorganisierte Dienst- und Arbeitsplanung gegen die Arbeit der Vorgesetzten ausspielen: «Vorgesetzte machen nicht schlechte Dienstpläne. Diese Rückmeldung erhalte ich immer wieder von Mitarbeitenden.» Doch wer in die Planung integriert sei, erlebe sich selbstwirksamer in seiner Arbeit. «Das macht Teams noch leistungsstärker und resilienter.» Abgesehen davon gehe es auch um die Attraktivität des Gesundheitswesens als Arbeitsort: «Unsere Branche muss einen Schritt in die Zukunft machen, um für Mitarbeitende attraktiv zu sein. Das bedingt, Strukturen aufzubrechen und Neues auszuprobieren.»
Inzwischen arbeitet das Team der Pflegewohngruppe A/EG in Embrach bereits am Juni-Arbeitsplan. Eine gewisse Routine ist eingetreten, auch wenn es noch zu früh ist für ein definitives Fazit. Für Teamleiterin Marissa Peintner überwiegen bislang die Vorteile: «Das Team bringt Ideen ein, zeigt sich flexibel und aktiv. Ich spüre auch Stolz, bei der Planung mitwirken zu dürfen.» Im Sommer werden die Verantwortlichen entscheiden, wie das Projekt weitergeführt und ob es allenfalls auf andere Wohngruppen ausgeweitet wird.
Das KZU Kompetenzzentrum Pflege und Gesundheit bietet in Pflegezentren und Pflegewohnungen an den Standorten Bassersdorf, Embrach, Nürensdorf und Winkel insgesamt 240 Pflegeplätze an. Das KZU beschäftigt 450 Mitarbeitende und bildet rund 70 Lernende und Studierende in 17 verschiedenen Berufsgruppen aus.
www.k-z-u.ch.
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