25.05.2022

MEDIKATION | CURAVIVA-Geschäftsführer Markus Leser nimmt Stellung

Gegen kürzlich erschienene undifferenzierte Medienberichte zum Einsatz von Medikamenten in Alters- und Pflegeheimen hat CURAVIVA umgehend interveniert. Wir sind insbesondere erschüttert über den geäusserten Vorwurf, die Pflegeheime würden die Bewohner:innen mit Neuroleptika ruhig stellen. Polymedikation und die Behandlung von Demenzerkrankungen sind äusserst anspruchsvoll und benötigen eine differenzierte Auseinandersetzung. Pauschale Vorwürfe sind hier nicht hilfreich. Markus Leser, Geschäftsführer CURAVIVA, nimmt Stellung.

Es ist eine Tatsache: Hochaltrige Menschen leiden häufig an Mehrfacherkrankungen, was den Einsatz von mehreren Medikamenten nötig macht. Polymedikation stellt bei allen älteren Menschen eine Herausforderung dar – unabhängig davon, wo sie wohnen. Oft treten Hochbetagte mit einer Fülle von Medikamenten, die sie teilweise schon Jahrzehnte einnehmen, in ein Heim ein. Im institutionellen Kontext werden die ärztlich verschriebenen Medikamente gemäss Rezept kontrolliert abgegeben. Beobachten Pflegefachpersonen potentiell problematische Neben- und Wechselwirkungen, informieren sie die behandelnde Ärztin, den behandelnden Arzt. Die Verantwortung für die Verschreibung liegt immer alleine bei den zuständigen Ärztinnen und Ärzten. Idealerweise wird die Medikation interdisziplinär zwischen ihnen sowie den Pflegefachpersonen und den Angehörigen respektive ihren Vertretenden abgesprochen. Die Heime achten zudem darauf, dass ergänzend zur medikamentösen auch eine nichtmedikamentöse Therapie die Behandlung unterstützt. Diese beiden Therapieformen können in Institutionen viel besser koordiniert und überwacht werden als bei Menschen, die allein zu Hause leben.

Behandlung von verhaltensbezogenen und psychologischen Symptomen bei Demenz

Neuroleptika werden unter anderem dann ärztlich verschrieben, wenn Demenzerkrankungen zu komplexen Verhaltensänderungen führen. Diese können so heftig sein, dass sie sowohl für die Erkrankten als auch für die Menschen in ihrem Umfeld gefährlich und leidvoll sind. Die Behandlung dieser verhaltensbezogenen und psychologischen Symptome einer Demenz ist anspruchsvoll. In unserem Leitfaden empfehlen wir, wenn immer möglich und geeignet, Alternativtherapien zu Neuroleptika anzuwenden. Zentral ist eine ausgewogene Kombination von medikamentöser und nicht medikamentöser Therapie. Mit unserem Leitfaden verfolgen wir das Ziel, nichtmedikamentöse Alternativen aufzuzeigen. Dabei ist zu betonen: Ob die Medikamentenabgabe nötig ist oder nicht, können Aussenstehende nicht entscheiden. Sie ist vom jeweiligen Krankheitsbild abhängig und muss durch die behandelnde Ärzteschaft immer im Einzelfall sorgfältig abgewogen werden. Zudem werden Medikamente immer im Zusammenhang mit diagnostizierten Erkrankungen abgegeben und nicht einfach um Menschen «ruhig zu stellen».

Fokus auf den Faktor Zeit

Mit anderen Worten: Um in Pflege und Betreuung möglichst gut auf die individuelle Situation eingehen zu können, sind neben Fachkompetenz und Einfühlungsvermögen auch Zeit und Zuwendung entscheidende Faktoren. Den zeitlichen Aspekt habe ich auch gegenüber den Medien betont. Die Politik ist dringend aufgefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die die nötige Zeit für Pflege, Begleitung und Betreuung der unterstützungsbedürftigen Menschen angemessen berücksichtigt.

Die Schlussfolgerung in den Medienartikeln jedoch, dass die Heime aufgrund zu wenig finanzierter Zeit die «Bewohner:innen mit Pillen ruhig stellen» ist nicht nur falsch, sondern entspricht einem reisserischen Sensationsjournalismus.

Die von den Medien zitierte Studie zum Einsatz von Neuroleptika liegt noch nicht vor, weshalb ich mich dazu nicht äussern konnte. Auch kannte ich die Aussagen der anderen Auskunftspersonen nicht. Gegen die unhinterfragte Übernahme verschiedener Zitate und die einseitige Berichterstattung haben wir nach dem Erscheinen umgehend interveniert. 

Markus Leser, Geschäftsführer CURAVIVA und Mitglied der Geschäftsleitung ARTISET

 

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