RÜCKBLICK | Das war der erste ARTISET-Kongress
Erfolgsrezepte teilen und voneinander lernen – darum ging es beim ersten Kongress der drei Branchenverbände CURAVIVA, INSOS und YOUVITA. Lesen Sie eine Zusammenfassung der spannendsten Themen und schauen Sie sich Film und Fotos an.
Das erste Mal kamen die Mitglieder und Vertretende der drei Branchenverbände CURAVIVA, INSOS und YOUVITA zusammen, um sich auszutauschen, zu vernetzen, voneinander zu lernen und zwei gelungene Tage mit fachlichen Inputs, kulinarischen Köstlichkeiten und musikalischem Genuss zu erleben: am ARTISET-Kongress.
32 inspirierende Ideen
Den Auftakt machte die Tour d’idées – ein Markt der bunten Ideen und Inspirationen. Hier präsentierten 32 Institutionen ihre Praxisbeispiele: von inklusiven Hotels, über Assistenz auf Augenhöhe bis zu kreativen Formen der Nachbarschaftshilfe. Die Kongressgäste flanierten zwischen den Ständen und konnten bei den Themen, die sie persönlich interessierten, nachfragen und handfeste Tipps und Ideen mitnehmen. Auch die ausstellenden Institutionen profitierten von dem lebendigen Austausch.
Gemeinsam wirken und bewirken
Am zweiten Kongresstag sendete die Philosophin Natalie Knapp einen fesselnden Erkenntnisimpuls ins Publikum: Wir alle geben unsere Gefühle und Stimmungen an die Gesellschaft weiter: Und zwar nicht nur an unseren Nächsten, sondern auch an den Übernächsten, Überübernächten, Überüberübernächsten… So entsteht ein soziales Netz aller Reize und Impulse der Menschen, so wirken unsere Stimmungen auf viele andere. Aber so verbreiten sich auch Ideen und Anliegen.
Doch, wie kann ein soziales Netz der Gefühle entstehen? Durch drei Gesetze, erklärte Natalie Knapp:
- Das Gesetz der kleinen Welt: über circa fünf bis sechs Zwischenkontakte kennt jeder jeden.
- Das Gesetz des Brückenbauens: Jeder von uns kann als Brückerbauer:in fungieren, indem wir – eher unbeabsichtigt und unbewusst – zwei verschiedene Netzwerke miteinander verbinden: z.B. eine Frage hier mit einer passenden Antwort da.
- Das Gesetz der Verteilerzentren: Menschen, die viel kommunizieren, wirken als Superspreader und verteilen Informationen weit, weit, weit ins Netzwerk hinein.
Die drei Gesetze zeigen uns:
Erstens: Wir können das Netzwerk verändern und nutzen. Dazu, so rät Natalie Knapp, müssen wir an den richtigen Verteilerzentren unsere Informationen streuen – oder um es klar zu sagen: Unsere Sache unter die Leute bringen, z.B. in der Cafeteria.
Zweitens: Wir können Reizketten und negative Impulse brechen. Dazu müssen wir uns eine eigene Haltung erarbeiten, Impulskontrolle und Selbstwahrnehmung üben. Dann wirken wir und unsere Arbeit positiv und stärkend weit in die Gesellschaft hinein.
Die negativen Impulse zu brechen, kann aber auch bedeuten, sich über die eigene Scham und über das Beschämen anderer klar zu werden. Das zeigte der Sozialwissenschaftler Stephan Marks eindrucksvoll in seinem Referat «Menschenwürde und Scham» auf.
Wir beschämen Menschen, in dem wir:
- sie missachten und ignorieren,
- ihre Grenzen verletzen,
- ihr Bedürfnis nach Zugehörigkeit verletzen und sie ausgrenzen,
- ihre Werte verletzen.
Beschämte Menschen können mit Aggressionen, Rückzug, Ängsten, Vertuschen von Fehlern reagieren. Aber sie können auch die Scham weitergeben, indem sie andere beschämen. Das nennt Stephan Marks «Schamüberflutung».
Wir können der Scham etwas entgegensetzen, indem wir einen Raum der Würde schaffen. Menschen nicht zu beschämen ist im Grunde nicht schwer, wenn wir ihre vier Grundbedürfnisse achten:
- Wenn wir sie in ihrer Einzigartigkeit anerkennen.
- Wenn wir ihre Grenzen respektieren.
- Wenn wir sie willkommen heissen.
- Wenn wir ihre Werte respektieren.
Politische Podiumsdiskussion
Und dann ging es ans Eingemachte. An der politischen Podiumsdiskussion nahmen Politiker:innen der Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit teil: Andri Silberschmidt (FDP), Benjamin Roduit (Die Mitte), Sarah Wyss (SP), Maya Graf (Grüne) und Esther Friedli (SVP). In der lebendigen Diskussion war man sich einig: Dienstleister für Menschen mit Unterstützungsbedarf erbringen einen wichtigen gesamtgesellschaftlichen Beitrag in Betreuung, Pflege und Begleitung. Deswegen müssen die Unterstützungsleistungen trotz begrenzter Finanzen und besorgniserregender geopolitischer Entwicklungen unbedingt sichergestellt werden. Denn, so sagte Sarah Wyss, ein selbstbestimmtes Leben darf nicht vom eigenen Portemonnaie abhängig sein.
Ein Rückblick mit Film und Fotos
Wir haben für Sie die schönsten Impressionen zusammengestellt:
als Video: